Rot-Weiss Essens Präsident sucht gerne den Dialog mit den Mitgliedern seines Vereins. Am Mittwochabend beim Infoabend zum Thema Ausgliederung der ersten Mannschaft wurde ihm dies beinahe zum Verhängnis. Bei der kritischen Nachfrage eines Fans, ob man nicht Gefahr liefe, in die Hände eines Investors Marke Ismaik (er hat das Sagen bei 1860 München, Anm. d. Red) zu geraten, lehnte sich Welling auf seinem Stehtisch nach vorne. Womit er nicht gerechnet hatte: Dieser klappte daraufhin in seine Richtung hoch. Der Präsident rettete sich kurz vor dem Sturz, doch eine Wasserflasche ging zu Bruch. "Werde ich rot?", fragte er lachend ins Publikum, das selbst Freude an dieser Szene hatte.
Es sollte das einzige Missgeschick des Essener Vorsitzenden an diesem Abend bleiben. Gekonnt warb Welling für die Pläne, die erste Mannschaft, also die Profi-Abteilung, auszugliedern. In der Satzung ist dies bereits seit 2009 verankert. Ob dies nun auch durchgezogen wird, soll bei der kommenden Mitgliederversammlung am 11. Juni entschieden werden. Die Essener wollen so die spätestens seit dem innogy-Ausstieg angespannte finanzielle Lage verbessern und konkurrenzfähiger im Aufstiegskampf werden. Auch wenn das nach Welling kein Muss ist: "Ich glaube auch, dass wir es als e.V. schaffen können. Wenn dies nicht so wäre, wäre ich bereits kein Präsident mehr. Es ist aber weitaus schwieriger und könnte mehr Zeit in Anspruch nehmen." Dass er aus der von ihm so oft als "Schweineliga" betitelten Klasse raus will, betonte er auch klar auf dem Infoabend: "Ich habe keinen Bock auf ewig vierte Liga."
Damit die Mitglieder eben nicht unwissend in eine eventuelle Abstimmung gehen, veranstaltet der Verein gemeinsam mit der Fan- und Förderabteilung FFA jene drei Infoabende. Welling klärte über folgende Punkte auf. Was der Unterschied zwischen Sponsoren, Darlehensgeber, Mäzenaten und Investoren ist, welche Typen von Investoren es gibt, welche Möglichkeiten einer Kapitalgesellschaft es gäbe und auch welche die wohl bestmögliche für RWE ist. Und so warb Welling für die Öffnung in Richtung Investoren: "Sie könnten heute investieren, den Verein sportlich erfolgreicher machen, dann aber in der 2. oder 3. Liga das eigene Investment verkaufen. Die Refinanzierungsmöglichkeiten sind größer und gerade da gibt es im deutschen Fußball nur wenige Vereine, die attraktiver wären als wir."
Einen Investor hätten sie bereits in der Hinterhand, doch der wartet nun ab, wie die Mitglieder entscheiden. Welling: "Anfragen gibt es immer wieder. Ich spreche jeden Monat mit Leuten darüber. Vor zwei Jahren waren es noch lose und teils auch dubiose Anfragen. Heutzutage wird es jedoch bereits konkreter und zum Teil denkbar. Die Attraktivität ist sehr hoch, aber wir müssen erst den Rahmen dafür schaffen."
Zu Beginn der Veranstaltung war die Skepsis bei den Fans hoch, doch im Laufe des Abends legte sich diese spürbar. Der nächste Infoabend findet jedenfalls am 2. Mai auch wieder im Stadion Essen statt. Dort folgt ein Vortrag von Dr. Jörg Alvermann, der sich in der Vergangenheit bereits mehrfach kritisch mit der Thematik auseinander gesetzt hat.